Immer wieder wird es in der öffentlichen Debatte laut, weil als nachhaltig beworbene Fonds nur wenig nachhaltige Substanz aufweisen. Auch wenn dies nur einzelne Produkte betrifft, schadet es der gesamten Branche und verunsichert Investor*innen. Das Grundproblem ist ein fehlendes einheitliches und allgemein verbindliches VerstÀndnis von Nachhaltigkeit. In diesem Beitrag möchten wir eine EinschÀtzung geben, worauf es bei einem nachhaltigen Fondsprodukt ankommt und welche Aspekte bei einer Beurteilung relevant sind.
AusschlĂŒsse aus gutem Grund â Anlagerichtlinien im Fokus
Eine Form, wie sich das variierende VerstĂ€ndnis von Nachhaltigkeit in Bezug auf Finanzprodukte ausprĂ€gt, ist der Ausschluss von GeschĂ€ftsfeldern und -praktiken. Sogenannte Ausschlusskriterien sind zentraler Bestandteil der Anlagepolitik eines nachhaltigen Finanzprodukts. In unserem Fonds-Check stehen daher ein geeigneter Nachhaltigkeitsansatz und die Anlagerichtlinien im Vordergrund bei der Beurteilung von Nachhaltigkeitsfonds â denn diese bilden den Rahmen, um Gelder in nachhaltige GeschĂ€ftsfelder und Branchen zu lenken. So werden bei entsprechenden Anlagerichtlinien nicht oder weniger nachhaltige GeschĂ€ftsfelder und -praktiken von vornherein ausgeschlossen â wie etwa Kohlestromerzeugung, Ălförderung, Herstellung von Pestiziden, Massentierhaltung oder Verletzung von Arbeits- oder Menschenrechten. Ein Ansatz wie z. B. âBest-in-Classâ, der wenige oder gar keine nachhaltigkeitsnegativen Branchen ausschlieĂt, sondern in der Regel fĂŒr die ESG-besten Unternehmen aller Branchen offen ist, fĂŒhrt dagegen bei genauerer Betrachtung bei Anleger*innen hĂ€ufig zu Verwunderung oder gar EntrĂŒstung.
ESG-Management oder -Performance kann ein ergĂ€nzender Teil eines guten Fondskonzeptes sein. Zentral sind Anlagerichtlinien, die ein möglichst ambitioniertes und nachvollziehbares VerstĂ€ndnis von Nachhaltigkeit beinhalten und widerspiegeln, wie es etwa vom Forum fĂŒr nachhaltige Geldanlagen (FNG) in seinem Mindeststandard fĂŒr Nachhaltigkeitsfonds vertreten und definiert wird. Warum ein Ansatz, der sich ausschlieĂlich auf ESG-Performance stĂŒtzt und keine GeschĂ€ftsfelder ausschlieĂt, fĂŒr einen Nachhaltigkeitsfonds zu kurz greift, soll im Folgenden dargestellt werden.
E-S-G â oder: es ist nicht so einfach
Wer schneidet bei der Bewertung von Nachhaltigkeit besser ab: ein Windkraftanlagenhersteller oder ein Ălkonzern? Fragen dieser Art werden bei Nachhaltigkeitsbewertungen von Unternehmen immer wieder diskutiert. Allgemein wird â vor allem unter Nicht-ESG-Kennern â eine Branche wie die der Erneuerbaren Energien als ökologisch nachhaltiger bewertet als eine Branche rund um fossile Energie. Intuitiv leuchtet das ein und ist in vielerlei Hinsicht auch zutreffend. Wenn aber konkrete ESG-Aspekte wie z. B. Arbeitsbedingungen oder eine konzernweite Klimastrategie mit Zielen, MaĂnahmen, Berichterstattung und Monitoring miteinbezogen werden, kann das Ergebnis anders ausfallen: Ein groĂer Ălkonzern kann diesbezĂŒglich besser abschneiden als der mittelgroĂe Windkraftanlagenhersteller, der möglicherweise keinen Betriebsrat oder keine umfassenden Fortbildungs- und Gesundheitsprogramme fĂŒr seine Angestellten bietet und auch keine groĂ angelegte Klimastrategie aufgestellt hat.
Wie lassen sich diese Aspekte â GeschĂ€ftsaktivitĂ€ten versus ESG-Management â fĂŒr eine Bewertung in Beziehung zueinander setzen? Hier verfolgen nachhaltige Fondskonzepte unterschiedliche Richtungen. Erfolgreiches ESG-Management korreliert oft mit der UnternehmensgröĂe, ist also nicht ausschlieĂlich eine Frage der Ausrichtung, sondern auch eine Frage der KapazitĂ€t. In der Praxis kommt es daher hĂ€ufig zu FĂ€llen, dass Unternehmen, deren GeschĂ€ftsmodell wenig nachhaltig ist, zu einer besseren ESG-Bewertung kommen als sogenannte âPure Playerâ wie Windkrafthersteller, Start-ups im Bereich Plastikvermeidung oder etwa Altenpflegeheime.
âNachhaltigkeitsbewertungen sind komplex und vielschichtig: Gute Arbeitsbedingungen, Gleichberechtigung in Bezug auf die Mitarbeitenden, ein gutes betriebliches Wasser- und BiodiversitĂ€tsmanagement spielen genauso eine Rolle wie die Lieferkette, das Vorhandensein eines Betriebsrats, einer Strategie gegen Korruption oder eines Bekenntnisses und Managementsystems zur Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen â nicht zuletzt ist natĂŒrlich die GeschĂ€ftsaktivitĂ€t relevant.â
Fakt ist: Je nach Definition existieren verschiedene Grundlagen fĂŒr eine Bewertung der Nachhaltigkeit eines Unternehmens. Wenn ein Gegenstand von unterschiedlichen Seiten betrachtet wird, die jeweils unterschiedliche Definitionen dieses Gegenstands zugrunde legen, ist die logische Folge ein voneinander abweichendes Ergebnis â in unserem Fall ESG-Scores oder -Bewertungen. Kein Wunder also, dass die unterschiedlichen methodischen Herangehensweisen in nachhaltigen Fondskonzepten zu mehrdeutigen Sichtweisen in Bezug auf Nachhaltigkeit fĂŒhren und somit auch Investor*innen verunsichern können.
Der Fonds-Check Nachhaltigkeit: Externe Zertifizierung nachhaltiger Finanzprodukte
In unserem Fonds-Check werden Finanzprodukte an ihrem eigenen Anspruch gemessen und anhand ihres Nachhaltigkeitskonzepts eingeschĂ€tzt. Der imug-rating-Ansatz wendet sich insbesondere an Investmentfonds mit dem Fokus auf illiquiden Assetklassen wie Immobilien und Beteiligungen (PE), aber auch die Bewertung von Sparbriefen, Verbriefungen oder anderen Spezialthemen ist möglich. Im Vordergrund stehen hier immer GlaubwĂŒrdigkeit und Stringenz des Ansatzes. Wir möchten mit unserem Gutachten vor allem fĂŒr institutionelle Anleger*innen Transparenz schaffen und Anbieter*innen entsprechender Finanzprodukte mit unserem Label zu geeigneter Kommunikation und Platzierung ihres nachhaltigen Produkts verhelfen.
Eine umfassende PrĂŒfung fĂŒr mehr GlaubwĂŒrdigkeit und Transparenz
FĂŒr die Beurteilung betrachten wir die Anlagerichtlinien eines Fonds, die Zusammensetzung des Portfolios, die Transparenz im Sinne der Kommunikation von Nachhaltigkeitseigenschaften sowie den Emittenten selbst im Hinblick auf dessen CSR- oder ESG-Management. Zudem prĂŒfen wir im Zuge des Fonds-Checks die Prozesse, die hinter Research, Investment und Monitoring stehen â ob diese geeignet sind fĂŒr eine Auswahl und ein Monitoring entsprechender nachhaltiger Titel und Anleihen. Auch die Taxonomie-FĂ€higkeit und die ErfĂŒllung regulatorischer Anforderungen (SFDR oder VerbĂ€ndekonzept) kann im Check abgedeckt werden. Am Ende stehen ein Testat oder Gutachten als Beleg fĂŒr das nachhaltige Finanzprodukt als âfĂŒr nachhaltigkeitsorientierte Anleger*innen geeignetâ. Dieses Gutachten kann unterstĂŒtzend fĂŒr die Finanzmarktkommunikation genutzt werden.
In der Praxis sehen die Schritte im Fonds-Check so aus:
- Anlagerichtlinien: Hier beleuchten wir, ob eine ausreichende Adressierung von Nachhaltigkeitsaspekten gegeben ist. Dabei orientieren wir uns an den FNG-Kriterien fĂŒr nachhaltige Investitionen bzw. nachhaltige Geldanlagen. Ausschlusskriterien sind dabei ein zentrales Element â sonst bleibt ein Fonds fĂŒr alle Branchen offen, was vor allem in der Nachhaltigkeitsperspektive ĂŒberraschen und Anleger*innen sowie die Ăffentlichkeit vor den Kopf stoĂen kann.
- Portfolio: Im nĂ€chsten Schritt betrachten wir die investierten Titel im Portfolio genauer im Hinblick darauf, ob sie die Anlagerichtlinien in Form von Ausschluss- und ggf. Positivkriterien einhalten und den sonstigen festgeschriebenen AnsprĂŒchen des Fonds standhalten und genĂŒgen. Somit werden Research-, Investment- und Monitoring-Prozesse des Finanzprodukts untersucht und das Portfolio einer PrĂŒfung unterzogen.
- Transparenz: Was wir aus oben genannten GrĂŒnden ebenfalls als elementaren Bestandteil prĂŒfen, ist die Transparenz gegenĂŒber Anleger*innen: Hat das Fondsmanagement ausreichend dargestellt, welchen Ansatz es mit dem Fonds verfolgt und nach welchen Prinzipien es Emittenten und Bonds auswĂ€hlt? Dies ist ein grundlegender Bestandteil unseres Fonds-Checks, der fĂŒr mehr Klarheit auf dem Anlagemarkt sorgen kann, die dringend benötigt wird.
- Zudem wird der Emittent des Finanzprodukts â die Fondsgesellschaft, die Bank oder der Asset Manager â in Bezug auf sein CSR- und ESG-Management betrachtet. Existieren von seiner Seite aus Anstrengungen in Bezug auf gute UnternehmensfĂŒhrung, Betriebsökologie und die sozialen Aspekte von Nachhaltigkeit in Bezug auf die Mitarbeitenden?
- Auch die Taxonomie-FĂ€higkeit und die ErfĂŒllung regulatorischer Anforderungen (SFDR oder VerbĂ€ndekonzept) kann in unseren Checks mit abgedeckt werden.

Ein Finanzprodukt, das von imug rating als âfĂŒr nachhaltigkeitsorientierte Anleger*innen geeignetâ eingestuft wird, durchlĂ€uft somit eine ganzheitliche PrĂŒfung: Es verfĂŒgt ĂŒber strenge Anlagerichtlinien und geeignete Prozesse zur Auswahl und Monitoring der Titel im Portfolio. DarĂŒber hinaus betreibt der Emittent eine transparente Kommunikation seines Nachhaltigkeitsansatzes, der fĂŒr das Finanzprodukt angewandt wird, und verfĂŒgt zudem in aller Regel ĂŒber ein eigenes CSR-Management.
Sie möchten Ihr nachhaltiges Fondsprodukt ebenfalls unabhĂ€ngig ĂŒberprĂŒfen lassen? Schreiben Sie uns gerne an.